Warum man den personellen Abriss sorgfältig planen sollte…

24. März 2023
Von Adam Englert
Die bezeichnendste Szene des Abends am letzten Dienstag war nicht etwa das Gegentor, der unfähige Unparteiische Vincic, der auf jeden Zeitschindtrick der Rojiblancos hereinfiel, oder gar Simeones Flucht vor der Bierdusche. In Minute 84, als United bei 0:1-Rückstand noch zehn Minuten Zeit hatte das Aus noch abzuwenden, ging die Tafel ein letztes Mal hoch um eine Auswechslung anzuzeigen. Dabei wurde eine leuchtende “5” sichtbar, wodurch jedem klar war, dass Kapitän Harry Maguire den Platz verlassen würde, woraufhin höhnischer Applaus die Runde machte. Viele Aspekte des Abends waren sinnbildlich dafür wie dysfunktional die Mannschaft momentan ist, doch die Auswechslung des Kapitäns und die Reaktion des Publikums sprachen Bände. Vertretbar war der Wechsel durchaus, da Maguire einen unglücklichen Tag erwischte, keine Seltenheit in dieser Spielzeit, sich dabei wiederholt beim Versuch hoch zu verteidigen im Niemandsland befand. Dennoch war dies fraglos ein ungewohntes Bild. Hätte man in der Vergangenheit in einer ähnlichen Situation einen Robson, Cantona oder Keane ausgewechselt? Wohl kaum!
Seit seinem Wechsel für wahnsinnige 85 Millionen Euro von Leicester, wofür Maguire am wenigsten kann, ist der bullige Innenverteidiger trotz anfangs solider Leistungen seiner Ablösesumme nie gerecht geworden. Zudem scheint, spätestens seit dieser Saison, die Bürde Kapitän des vielleicht größten Clubs der Welt zu sein, Maguire mental zu erdrücken, was sich sichtbar auf seine Leistungen auf dem Platz auswirkt. Dass Harry Maguire im Sommer 2019 keine 85 Millionen wert war, dürfte jedem klar sein, weshalb die Kritik am Kapitän, wenn auch berechtigt, ein absurdes Level angenommen hat. Dabei wird mittlerweile jeder Fehltritt des englischen Innenverteidigers mit Häme zur Kenntnis genommen, zudem wird ihm auch gerne mal der Schwarze Peter bei Gegentreffern zugeschoben wird, auch wenn er daran maximal nur eine Teilschuld hat.Nochmal sachlich betrachtet: Harry Maguire wurde damals vom Tabellenneunten der Saison 2018/19 Leicester verpflichtet, angesichts der Spielzeiten 2019/20 und 20/21 hat Harry Maguire seinen Soll erfüllt, da man mit den Endplatzierungen 2 und 3 tabellarisch bestimmt nicht enttäuscht hat.
Dieser Transfer ist hingegen vielmehr ein Symbol für die gescheiterte Transferpolitik Uniteds unter der Führung Ed Woodwards, der in seiner Zeit als Geschäftsführer ein Transferminus von fast einer Milliarde Euro zu verschulden hat, was zu verkraften wäre, wenn man zumindest sportlich Erfolge gefeiert hätte. Stattdessen holte man unter Woodward nur fünf magere Titel (2x Charity Shield, jeweils 1x FA Cup, League Cup, Europa League), wobei der ehemals verwöhnte Rekordmeister seit 2017 titellos ist, die längste Flaute seit den 70er Jahren als man in die zweite Liga abstieg und fast in der sportlichen Bedeutungslosigkeit verschwand. Retrospektiv war die Amtszeit Woodwards im Grunde ein Desaster für den Verein. Bei seiner Amtsübernahme hatte United gerade die 20. Meisterschaft eingefahren, während man in den Jahren 2008-2011 dreimal im Champions League Finale gestanden hatte. Fast eine Dekade später ist United ein Schatten seiner Selbst, die Rivalen sportlich enteilt, weshalb der einzige Anspruch ein Topteam zu sein, sich auf die kommerziellen Einnahmen und dieErfolge vergangener Tage beziehen. Auch wenn es ein paar mildernde Umstände für diesen Abstieg gibt, wie etwa die parasitäre Besitzerfamilie Glazer, die den Verein seit Jahren als finanzielle Melkkuh ausquetschen, die Ölscheichs und Oligarchen, die Vereine wie Chelsea, Man City oder jetzt Newcastle aus dem Nichts hochgezogen haben und dem alternden Gerüst des letzten Ferguson-Kaders, doch insgesamt wird die Zeit Ed Woodwards als schwarze Periode in die Clubgeschichte eingehen, was allen voran an der mangelhaften Personalpolitik im Verein festzumachen ist.
Es ist ja nicht so als hätten man in den letzten zehn Jahren keine begnadeten Kicker in den eigenen Reihen gehabt. Seit Ende der Ferguson-Äre haben Weltstars wie Angel Di Maria, Radamel Falcao, Bastian Schweinsteiger, Memphis Depay, Zlatan Ibrahimovic, Paul Pogba, Alexis Sanchez, Romelu Lukaku, Edinson Cavani und nun auch Raphael Varane und Cristiano Ronaldo das Trikot der Red Devils getragen. Diese Transfers waren sicherlich nicht alle aus fußballerischen Aspekten sinnfrei, man müsste aber zynisch sein, wenn man verkennen würde, dass der kommerzielle Nutzen dem sportlichen um ein vielfaches überragte. Den oben genannten ist ferner mit ein paar Ausnahmen kein Vorwurf zu machen, wenn es um die individuellen Leistungen geht. Das Problem mit diesen Transfers ist, dass man zumindest oberflächlich versucht hat mit teuren Ablösen und großen Namen kurzfristig Erfolge zu feiern. Wer momentan über den Ärmelkanal zu PSG hinüber blickt kann ebenso erkennen, dass diese einfache Rechnung im immer komplexer werdenden Fußball nicht mehr aufgeht. Stattdessen zeugt diese gescheiterte Transferpolitik von einer fehlenden Vision und mangelnder Weitsicht. Ralf Rangnick ist gerade dabei diese Fehlentwicklung richtig zu stellen, wie man aber in seiner Interimszeit gesehen hat, ist dieses Unterfangen ein Projekt, das einige Jahre andauern muss und selbst dann ohne Erfolgsgarantie von statten gehen wird.
Zurück zum letzten Dienstag: Nach der Auswechslung Maguires befanden sich mit Edinson Cavani (34), Nemanja Matic (33), Juan Mata (33) und Cristiano Ronaldo (37) auf dem Platz, was wiederum das oben genannte Problem verdeutlicht. Ferner noch spielten zu verschiedenen Momenten auch noch David De Gea (31), Raphael Varane (28), Alex Telles (29) und Paul Pogba (29) mit, die so langsam ihren fußballerischen Zenit erreichen, während mit Lingard (29) und Phil Jones (30) und Tom Heaton (35) weitere Routiniersauf der Bank saßen. An jenem tristen Abend waren lediglich Jadon Sancho und Anthony Elanga die einzigen Profis im Kader, die 23 oder jünger waren. Auch wenn es beim Teils ideenlosen und hektischen Spiel nicht so wirkte, hatte United die mit Abstand betagtere Mannschaft auf dem Platz, was angesichts der abgezockten Spielweise Atleticos im Nachhinein eine bittere Feststellung ist. Brutal gesagt: United sieht zurzeit nicht nur alt aus, sondern ist mittlerweile alt, was sich zunehmend auf die Leistungen auf dem Platz auswirkt. Im modernen Fußball bei dem Pressing und Arbeit gegen den Ball mittlerweile das A und O sind, ist es fast schon naheliegend, dass der alternde Kader Uniteds mit dieser Spielweise, besonders über eine Saison hinweg mit teilweise über 60 Pflichtspielen nicht mithalten kann. Im immer professioneller werdenden Profifußball kann es schon große Unterschiede machen, wenn ein Spieler konditionell nicht mehr in der Lage ist die nötigen Kilometer abzuspulen. So wundert es nicht, dass bei aller Klasse, ein Spieler wie Aguero bei City aussortiert wurde, während bei Liverpool selbst Kapitän Henderson überwiegend nur als Joker eingesetzt wird. Klar, gibt es Ausnahmen wie Thiago Silva, der seit seinem Wechsel zu Chelsea eine überragende Verstärkung ist, dennoch ist es in den letzten Jahren offensichtlich geworden, dass allen voran die Premier League eine Liga der jungen Spieler ist, eben aufgrund der hohen Belastung, taktischen Ansprüche und der Intensität, die es braucht auf dem höchsten Level zu spielen. Daher ist es die logische Folge, dass United in den letzten Spielzeiten dieses Level an Konstanz und Qualität nicht auftechtzuerhalten konnte.
Doch was bedeutet dies für den Umbruch im Team? Zwei Spieler, die zuletzt häufig kritisiert wurden, sind ausgerechnet die Eigengewächse und einstigen Publikumslieblinge Marcus Rashford und Scott McTominay. Dabei wirkt besonders Rashford, Topscorer in der Amtszeit Solskjaers mit 54 Toren, in dieser Spielzeit völlig neben sich. Bisher hat der Vorzeige-Mancunian nur 5 Saisontore erzielt. Was momentan aber noch mehr schmerzt ist seine apathische Körpersprache auf dem Platz, die mittlerweile den ehemaligen Liebling der Massen zu einem Buhmann bei den Fans hat verkommen lassen. Dies könnte zum einen an seine Schulterverletzung aus der Vorsaison liegen, als er statt sich zu regenerieren mit England zur EM begab und dort ausgerechnet im Finale einen der entscheidenden Elfer verschoss, woraufhin er im Netz rassistisch beleidigt wurde, was wohl jedem Profi mental zugesetzt hätte. Für den gerade mal 24jährigen Rashford erweist sich der Druck für United zu spielen momentan als zu groß, sodass der Lokalmatador, der seit seinem siebtem Lebensjahr bei den Red Devils spielt, gar mit einem Abschied liebäugeln soll.
Zwar verdichten sich die Zeichen bei Scott McTominay nicht auf Abschied, dennoch steht der Aktienkurs des schottischen Sechsers momentan bei den Fans auch nicht gerade hoch. Bis dato spielt McSauce keine katastrophale Saison, sobald der ehemalige Academy-Spieler aber alleine auf der Sechs spielen muss, was aufgrund des Personalmangels auf der Problemposition öfter vorkommt, gehen die Leistungen des Schotten rasant in den Keller. Als oberflächlicher Beobachter könnte man so auf die Idee kommen, dass Scott McTominay, wie in manch Forum oder Twitter-Thread beschrieben wird, nicht die Klasse hat für Manchester United zu spielen. Dies ist aber schon deswegen eine Fehleinschätzung, da McTominays beste Position bestimmt nicht die Sechs ist. Der 1,93 Schlaks spielt in der schottischen Nationalelf als rechter Verteidiger in einer Dreierkette, während er seine besten United-Auftritte als Achter hatte, mit Fred oder Matic im defensiven Mittelfeld als Absicherung, wodurch McTominay seine Stärken als Box-to-Box-Spieler aufs Parkett bringen konnte.
Rashford und McTominay sind eben nun in einem Alter (24 und 25), wo es schon ersichtlich ist, dass beide wohl nicht mehr um den Ballon d’Or spielen werden und auch nicht mit den Karrieren von Paul Scholes oder Wayne Rooney mithalten können. Dennoch ist es mehr als fraglich, ob es vernunftig ware, die beiden “Local Lads” auszusortieren. Rashford und McTominay werden alleine dazu nicht beitragen, dass United in 2-3 Jahren um die Meisterschaft mitspielt, dazu sind sie und auch ihre Mitspieler momentan nicht gut genug. Dass beide aber in 2-3 Ergänzungsspieler in einem Kader sein könnten, der um den Premier League Titel spielt, ist aber durchaus denkbar. Bei allem Respekt, aber wenn Danny Welbeck und Tom Cleverley Meister werden können, dann sollten Rashford und McTominay auch dazu in der Lage sein. United hatte in der Vergangenheit schon immer Academy-Jungs, die nicht auf Weltklasseniveau spielten. Nur hatten damals Phil Neville, John O’Shea, Darron Gibson oder Kieran Richardson eben Glück, dass es zu ihrer Zeit weder Twitter, YouTube oder sonstige soziale Medien gab, wo man sich über deren mangelndes Talent hätte lustig machen können.
Seit 1937, mittlerweile 84 Jahre lang stand immer mindestens ein Academy Absolvent im Spieltagskader Uniteds, ein Rekord der wohl für andere Vereine unerreichbar bleiben und aus United-Sicht in Zukunft hoffentlich noch lange Bestand haben wird. Egal ob Sir Matt Busby, Sir Alex Ferguson, Louis van Gaal oder seit kurzem Ole Gunnar Solskjaer, fast alle United-Trainer haben in ihren Amtszeiten überwiegend auf Talente aus der eigenen Jugend gesetzt. Alleine momentan gibt es zahlreiche Talente, denen der Weg in die Profimannschaft zuzutrauen ist. James Garner beispielsweise spielt bei Nottingham Forest eine bemerkenswerte Saison, wobei er nicht nur in der Championship überzeugt, sondern auch im FA Cups gegen Teams wie Arsenal, Leicester oder Liverpool groß aufspielen konnte und nächste Saison definitiv eine gute Option im Mittelfeld darstellen könnte. Zu nennen wäre auch der erst 17-jährige Alejandro Garnacho, der zwar noch kein Spiel für die Profis gemacht hat, aber erst in dieser Woche neben Weltstars wie Messi, Dybala oder Martinez für die argentinische A-Nationalelf berufen wurde. Dann wäre noch sein Sturmpartner bei der U18/23 Charlie McNeill zu nennen, der letzte Saison 25 Tore für die Junioren erzielte. Zudem gibt es mit Hannibal Mejbri (Tunesien) und Zidane Iqbal (Irak) zwei weitere hochtalentierte und technisch versierte A-Nationalspieler, die auch schon Erfahrungen bei den Profis gesammelt haben. Ferner gibt es noch Ethan Laird, ein moderner Rechtsverteidiger, der bei Bournemouth kickt sowie Teden Mengi, bei Birmingham City, die beide als große Defensivtalente gelten, wenn auch beide etwas verletzungsanfällig sind, genauso wie Shootingstar der vorletzten Spielzeit Brandon Williams, der bei Norwich in der Premier League Stammspieler ist. Letztlich gibt es noch Facundo Pellistri, ein uruguayischer Nationalspieler, der bei Alaves ausgeliehen ist und noch den ivorischen Nationalspieler Amad Diallo, auf Leihbasis bei Rangers, der bereits letzte Saison schon in einem wichtigen Europa League Spiel gegen Milan genetzt hat. Auch die kommende Academy-Generation hat viel Potenzial, deshalb ist es auch nur logisch, dass ein Umbruch nur mit einer handvoll Academy Spielern zu stemmen sein wird. Aufgrund der bescheidenen Altersstruktur im Verein, wird es womöglich bis zu 10 Transfers brauchen, um dem Kader wieder die nötige Breite zu geben, wodurch Neuzugänge aus der Academy die logische Antwort auf die personellen Probleme sind.
Ein Fehler sollte dabei vermieden werden: So sehr der Lokalpatriotismus überwiegt, sollte man von den Nachwuchskickern kurzfristigall nicht allzu viel erwarten. Es ist zwar wünschenswert, dass die Jungs aus der Jugend die Class of 92 eines Tages nachahmen können, dennoch wäre es nicht fair einen Jugendspieler mit einem Neuzugang für 40 Millionen plus gleichzusetzen. In der jüngeren Vergangenheit mussten Spieler wie eben Rashford und McTominay aber auch ein Mason Greenwood, Jesse Lingard, Brandon Williams oder jetzt Anthony Elanga in die Bresche springen, da namhafte Stars sei es Depay, Lukaku, oder Alexis Sanchez weit unter ihren Erwartungen blieben oder Leistungsträger wie Edinson Cavani zu oft mit Verletzungen zu kämpfen hatten (Siehe Altersproblematik). United musste in den letzten Jahren viel zu oft auf junge Talente setzen, nicht unbedingt weil diese hervorragend veranlagt waren, sondern weil die teuren Prestigetransfers sich viel zu oft als untauglich für die erbarmungslose Premier League erwiesen haben. Dies war selbstverständlich keine gänzlich schlechte Entwicklung, dennoch zeugt es von der unfähigen Transferpolitik des Vereins. Wer sich als Topteam auf seine Academy-Graduates verlassen muss, wird schnell merken, dass dies nur solange gut geht, wenn man einen Neville, Giggs oder Scholes in den Reihen hat, was wie sich heraus stellt, wohl nur einmal alle 100 Jahre vorkommt.
In den sozialen Medien, aber auch in den TV Studios sind es nicht nur Rashford, Maguire oder McTominay, die ihr fett wegkriegen, sondern auch bisher unantastbare Leistungsträger, egal ob Bruno Fernandes, bis vor der Saison noch als bester Transfer seit Robin van Persie gehandelt wurde, oder auch David De Gea, Luke Shaw, Wan-Bissaka, Fred oder auch Toptorschütze Cristiano Ronaldo, während sich Paul-Pogba-Bashing schon seit Jahren großer Beliebtheit erfreut. Die Spielzeit 2021/22 ist so verkorkst, dass kein Profi bei United nicht bezichtigt wurde “Problemspieler” im Kader Ralf Rangnicks zu sein. Bruno Fernandes, der seit seinem Wechsel zu United im Winter 2020 Topscorer bei den Red Devils ist, gilt als “untrainierbar” und als taktischer Anarchist, der nicht so richtig in ein System passt, wobei der Portugiese unter Solskjaer stets wichtiger Offensivspieler war, egal in welcher Formation. David De Gea gilt als altmodischer Torwart, dem die Strafraumbeherrschung sowie jegliche Aktionen mit dem Ball am Fuß misslingen und deshalb auch zurecht nicht im Aufgebot der Furia Roja steht. Wan-Bissaka ist in der Offensive nicht gut genug, während Konkurrent Dalot als defensiv-schwach eingestuft wird, während Luke Shaw laut „Experten“ beide Seiten des Außenverteidigerdaseins verlernt hat. Fred hat mutmaßlich seinen brasilianischen Pass gefälscht, obwohl der Brasilianer in unter Rangnick auf der Acht auch in der Offensive überzeugt. Cristiano Ronaldo, zwar Toptorjäger in dieser Saison, ist grundsätzlich an allem Schuld und auch schon mit einem Bein aus der Tür raus. Man könnte die Liste mit allen Spielern im United-Kader endlos fortführen, doch es festigt sich der Eindruck, dass kein einziger Spieler in dieser Saison des Grauens überzeugen kann. Selbst Lichtblick der letzten Wochen Jadon Sancho brauchte fast 5 Monate Anlaufzeit, bis er im Old Trafford angekommen war, während der Shooting Star Anthony Elanga noch nicht wirklich konstant liefert, was für sein Alter völlig normal ist. Die Kritik an den einzelnen Spielern ist in Punkten durchaus berechtigt und es wäre auch irrsinnig zu glauben, dass alle noch eine Zukunft bei United hätten. Dennoch ist die Tatsache, dass momentan keiner so richtig in Form ist ein Indiz dafür, dass die Probleme im Verein tiefer greifen, als nur in der Personalplanung. Interimscoach Rangnick ist es zwar gelungen, die Mannschaft zu stabilisieren, doch wirklich überzeugt hat das Team unter dem deutschen “Professor” bei weitem nicht. Einerseits wirkt das Spiel im Vergleich zur Zeit Solskjaers etwas organisierter, allerdings lässt die Elf jegliche Spielfreude aber auch Entschlossenheit vermissen, wodurch deutlich wird, dass Ole Gunnar Solskjaer wohl nicht alleine für den Einbruch in dieser Spielzeit verantwortlich war.
Stattdessen ist offensichtlich, dass große Namen bei Manchester United einfach nicht funktionieren wollen. Dies liegt zum einen daran, dass auch der größte Star der Welt in einem dysfunktionalen Mannschaftsgefüge nicht viel ausrichten kann, während United ohnehin selbst unter den besten Jahren unter Ferguson nicht unbedingt die Topadresse für Weltstars war, sondern eher ein Sammelbecken für junge hungrige Spieler war, die ihren Zeit noch vor sich hatten. Ausnahmen gab es freilich wie Robin van Persie, der United fast im Alleingang zur letzten Meisterschaft im Jahr 2013 schoss, dennoch waren bei näherer Betrachtung der letzten Jahre die besten Transfers “No Names” wie Nemanja Vidic (10 Mio von Spartak Moskau), Patrice Evra (8 Mio von Monaco) oder einst Ole Gunnar Solskjaer, der für 2,5 Mio. aus Molde kam. Als einst im Jahr 2003 ein junger Portugiese mit schiefen Zähnen aus Sporting kam, war dies bestimmt nicht aus Marketinggründen. Im Gegenteil verpflichtete United damals mit dem 18jährigen Ronaldo ein Toptalent, der gewillt war hart für den Erfolg zu arbeiten und schließlich den Verein 6 Jahre später als bester Spieler der Welt in Richtung Madrid verließ. Diese Erfolgsgeschichten aus der (leider entfernten) Vergangenheit sollten daran erinnern, dass United immer daran gut tat die Stars von morgen für bescheidene Ablösen zu verpflichten, statt wie jetzt die Stars von gestern für teils absurde Gehälter zu rekrutieren, in der Hoffnung, dass sie die Probleme von heute lösen könnten. Selbst zu den besten Tagen war United nie ein Team der “Galacticos”, sondern eine Elf, die bereit war härter als alle anderen für den Erfolg zu arbeiten. Deshalb sollte sich United davor hüten, beispielsweise einen ablösefreien aber mittlerweile 29jährigen Dybala zu verpflichten, der sicherlich immer noch ein guter Kicker ist, aber eine Position bekleidet auf der momentan wenig Bedarf herrscht. United täte endlich gut daran mit Bedacht auf den Transfermarkt zu agieren und anders wie in den Jahren davor einen Bogen um die großen Namen machen.
Ohnehin, bis der neue Trainer feststeht, wird es wenig Sinn machen am Umbruch zu arbeiten, da besonders in der heutigen Zeit Transfers ohne Konzept undenkbar sind. Egal wer im Sommer an der Seitenlinie steht, wird es aber trotzdem einen Umbruch brauchen. Alleine aus dem jetzigen Kader ist es naheliegend, dass Phil Jones, Juan Mata, Jesse Lingard und Edinson Cavani aufgrund auslaufender Verträge den Verein verlassen werden. Gleichzeitig wird Nemanja Matic kaum über 2023 hinaus eine Verlängerung bekommen, während auch bei Ronaldo eine Weiterbeschäftigung über 2023 hinaus mit nun 37 Jahren selbst für den Goat utopisch erscheint. Auch Paul Pogba steht im Sommer diesen Jahres vor dem Vertragsende. Von Vereinsseite dürfte sicherlich Interesse an einer Verlängerung bestehen, allerdings dürfte der Weltmeister von 2018, der von Problemagent Raiola betreut wird, allenfalls nur bleiben, wenn sich kein Abnehmer findet, um seine enormen Gehaltswünsche zu bezahlen. Somit wird United aus Altersgründen und aufgrund von auslaufenden Verträgen schon etwa ein Drittel des Kaders verlieren. Alleine deswegen würde es wenig Sinn machen jetzt schon jüngere Spieler wie Rashford, McTominay, Shaw oder Fred auszusortieren, es sei denn man würde ein Angebot deutlich über Marktwert vorliegen haben. Daher sollte man den Sommer nutzen allen Spielern eine gerechte Chance geben sich unter dem neuen Trainer zu etablieren. Zusätzlich sollte man allen Academy-Talenten und den diversen Leihspielern (Donny van der Beek, Martial, Pereira) ebenfalls eine ernsthafte Chance einräumen sich zu in den Kader für die neue Spielzeit einzuspielen. Sollte nicht ein Wunder geschehen, werden die Glazers auch nächste Saison Besitzer des Vereins bleiben, wodurch wir nicht die finanziellen Mittel bekommen werden, den Umbruch so umzusetzen wie es die Fans gerne hätten. Stattdessen wird man pragmatisch an die Sache herangehen müssen und wohl überwiegend an den Achsen des jetzigen Kaders festhalten, solange man diese nicht adäquat ersetzen kann. Dies ist nicht gerade Wunschdenken, aber die Realität. Es wird dauern bis United wieder konkurrenzfähig ist und um Titel mitspielen kann, weshalb man auch in der neuen Spielzeit an den „Versagern“ aus 2021/22 festhalten muss, auch an Kapitän Maguire, der sicherlich auch bessere Tage haben wird.