
21.12.2023
Von Adam Englert
„Nein“ zur European Super League
Im Streit um die Gründung einer Super League hat die Europäische Fußball-Union (UEFA) vor dem höchsten europäischen Gericht eine Niederlage erlitten. Die großen Fußballverbände FIFA und UEFA dürfen andere Wettbewerbe nicht grundsätzlich von ihrer Genehmigung abhängig machen und Vereinen und Spielern nicht verbieten, an diesen Wettbewerben teilzunehmen, entschied der EuGH.
United ließ zwar bereits in einer Stellungnahme verkünden, dass man keine neuen Bestrebungen unternimmt, sich einer solchen Superliga anzuschließen, dennoch darf man als Fan aus mehrfachen Gründen diese Aussagen zumindest in Frage stellen. United-Fans mussten 2021 schon schmerzlich erfahren, dass solche Entscheidungen mit historischer Tragweite von den Glazers von oben getroffen, ohne überhaupt mit den Fans Rücksprache zu halten oder Feedback einzuholen.

Bereits 2022 sollte eine Europäische Superliga beginnen, in der zwölf europäische Topteams (Italien, Spanien und England) teilnehmen würden, darunter auch Manchester United. Dies führte im April 2021 zu großen Protesten, wobei vor allem Fans der „Big Six“ aus England mit Protesten vor den Stadien die Besitzer zum Umdenken zwangen.
Lest hier dazu nochmal den Artikel, den wir 2021 als Reaktion auf diese Entscheidung verfasst haben:
Die spanischen und italienischen Vereinsbosse halten jedoch seitdem weiterhin an dem Vorhaben fest, weshalb nun vor dem EuGH geklagt wurde, und zwar erfolgreich, wodurch die europäische Superliga wieder wie ein Damokles-Schwert über den Köpfen der Fußballfans hängt.
Durch diesen Schiedsspruch ist auch klar, dass das Thema nicht mehr verschwinden wird. So müssen wir als Fans bekräftigen, dass wir diese Pläne verachten und unter keinen Umständen gut heißen, egal wie groß die finanziellen Vorteile auch sein müssen.
Um unsere Position zu bekräftigen, legen wir deshalb wie schon 2021 nochmals dar, warum die Teilnahme an der Super League ein fataler Fehler wäre, der unseren Sport, die schönste Nebensache der Welt, zu einer Farce verkommen lassen würde…
Fehlerhaftes Konstrukt
Das erste Manko der Super League, ist zunächst mal das Konzept, zumindest so wie es 2021 konzipiert wurde. Die geplante Liga, bestehend aus 15 ständigen Mitgliedern und fünf Gastteams, sollte im NBA-Format mit zwei Zehnerligen gespielt werden, wobei sich die besten Teams aus den zwei Ligen für ein Viertelfinale qualifizieren, wobei am Ende einer KO-Phase ein “Meister” gekürt werden soll. Dieses Konzept ist nicht nur uninteressant, da der Reiz eines Topspiels gegen Real Madrid oder Inter verfliegen würde, sondern auch ungerecht, da der Tabellenerste einer Liga keinen Titel bekommt und gar der Tabellenfünfte bei diesem System Meister werden kann. Ein System ähnlich wie das der nordamerikanischen MLS, das bisher in Europa kaum über den Status einer Witzliga hinausgekommen ist, trotz namhafter Zugänge wie Messi, Busquets oder Insigne.
Obendrein ist dies ein System, dass eher ein Formhoch zur richtigen Zeit belohnt, statt Konstanz und Klasse über eine Saison hinweg, so wie es in den Topligen Europas der Fall ist. Dies würde somit auch dazu führen, dass zahlreiche Partien in die Belanglosigkeit abdriften würden, da sich einige Teams bereits frühzeitig für die Meisterschaftsrunde qualifiziert hätten. Mit Blick auf die MLS lässt sich dabei auch sagen, dass dies auch für die Qualität einer solchen Liga langfristig auch wenig Gutes hätte, eben auch weil Teams nicht um den Abstieg bangen müssen.
Macclesfield statt Madrid
Ferner noch widerstrebt eben diese Tatsache, dass die Liga ständige Mitglieder hat, die nicht auf- und absteigen, jeglichem Sinn von Gerechtigkeit und Fußballromantik. Teil des Fan-Daseins sind nicht nur die Siege gegen City oder Liverpool, sondern auch 0:4-Blamagen gegen MK Dons im Pokal oder Heimniederlagen gegen Teams wie Bournemouth oder Brighton. 1974 sind wir aus der Division 1 abgestiegen, nur um ein Jahr später mit neuem Elan zurückzukehren. Für unsere Fans, die unsere Durststrecke in den 70ern durchgemacht haben, müssen sich die Erfolge aus den 1990ern wie der Himmel auf Erden angefühlt haben, sowie sich die aktuellen Erfolge der Skyblues für Man City Fans anfühlen müssen, die in den 90ern noch drittklassig gespielt haben.

Besonders in England ist nämlich die sogenannte „Fußballpyramide“, das Herz des Fußballs, ein aus der Tradition entstandenes Konstrukt, dass von der untersten (grass roots) bis zur obersten (Premier League) Ebene Spannung, Dramaturgie und Leidenschaft garantiert. Dabei sind innerhalb dieser Pyramide solche Geschichten, wie die des Aufsteigers Luton Town, eben jene Geschichten, die unser Herz höher schlagen lassen, da auch unterklassige Teams davon träumen können, mit den Großen mitzuhalten, und sei es bloß in der dritten Runde des FA Cups, die jeden Januar stattfindet. Ferner noch wäre die 5000-1 Außenseitersensation von Leicester City im Jahr 2016 in einer „European Super League“ nicht möglich gewesen, ein Wunder, woran sich selbst Fans von anderen Clubs mit Freude zurückdenken. So ist es nicht auszumalen, welche Märchen uns in Zukunft mit der Gründung einer Super League verwehrt bleiben könnten…
Fazit
Fußball lebt nämlich von Höhen und Tiefen sowie Erfolgen und Tragödien. Achterbahnfahrten der Gefühle, die uns Fans in Zukunft genommen werden könnten. Auch Sir Alex Ferguson zeigte sich 2021 gegenüber einer Gründung der Super League skeptisch:
,,Eine europäische Superliga würde 70 Jahre Fußballhistorie zu Ende bringen. Sowohl als Spieler bei Dunfermline sowie als Trainer von Aberdeen, mit denen ich den Pokal der Pokalsieger gewonnen hab, fühlte sich der Europapokal als Provinzclub an, als würde man den Mount Everest besteigen. (…) In meiner Zeit bei United haben wir in vier Champions League Finals gespielt, die für mich die besondersten Nächte waren. […]„
Keiner weiß genau, wie diese Superliga exakt ablaufen wird, sollte sie tatsächlich eingeführt werden. Stand jetzt ist es aber nicht vorstellbar, dass ein System entwickelt werden kann, das mit dem jetzigen bewährten System der Fußballigen unter der Schirmherrschaft der UEFA, mithalten könnte.
Der Guardian schrieb bezüglich der Super League 2021 dazu treffend:
“Das ist eine Idee, die sich nur jemand ausgedacht haben kann, der Fußball wirklich bis auf die Knochen hasst”.
Diese Aussage war 2021 genauso treffend, wie sie es heute auch ist. Keine finanziellen Vorteile sind es Wert im Fall von United 150 Jahre Fußballgeschichte über Nacht aus dem Fenster zu werfen und schon gar nicht für ein langweiliges Konstrukt der Superreichen, die den Fußball als Gelddruckmaschine betrachten.
So bleibt es zu hoffen, dass es unsere jetzigen Besitzer verstanden haben, genauso wie diejenigen, die in Zukunft das Sagen haben könnten. Sonst müssen wir Fans, wie bereits im April 2021, mit aller Macht dagegen ankämpfen, dass diese Pläne niemals Wirklichkeit werden können.