November 26, 2021

Ein neues Zeitalter!

Warum Ralf Rangnick jetzt gerade der richtige Interimscoach für United ist…

26. November 2021

Von Adam Englert

Knapp 48 Stunden nach dem hart-erkämpften 2:0 bei Villarreal war klar, dass die Partie am Sonntag die letzte von Interimstrainer Michael Carrick sein wird. Wie gestern Nachmittag bekannt wurde, wird der ehemalige Topspieler und Solskjaer-Assistent von Ralf Rangnick ersetzt, der bis zum Saisonende Cheftrainer bei den Red Devils wird. Diese Personalie kam zwar etwas überraschend, aber angesichts der prekären sportlichen Lage, ist es der richtige und logische Schritt, um die bisherige verkorkste Saison 2021/22 zu retten.

Rangnick, dessen Trainerlaufbahn vor über 30 Jahren begonnen hat, ist keinesfalls eine populäre oder offensichtliche Wahl als Interimstrainer, da der Schwabe außerhalb Deutschlands wenig bekannt ist, sodass viele United-Fans in England gestern erstmal den Namen “Ralf Rangnick” googeln mussten. Hierzulande weiß man allerdings sehr wohl wer Ralf Rangnick ist und was der erfahrene Trainer zu bieten hat. Große Titel hat der Ex-Trainer von u.a Hoffenheim, Schalke und RB Leipzig zwar nicht gewonnen, dafür hat Rangnick trotzdem schon beachtliche Erfolge gefeiert. Mit Ulm, Hannover, Hoffenheim und Leipzig konnte Rangnick mit vier Vereinen in die Bundesliga aufsteigen, zudem führte er Schalke 2011 überraschend ins Halbfinale der Champions League, wo erst gegen United und Sir Alex Schluss war. Zuletzt trainierte er in der Saison 2017/18 nochmals Leipzig, als er mit Platz 3 und dem Erreichen des DFB-Pokalfinals eine gelungene Saison absolvierte.

Rangnick ist aber eigentlich nicht unbedingt für seine sportlichen Erfolge bekannt, sondern für seine Rolle als Innovator und Visionär. Mitte der 80er Jahre ließ er sich von den modernen Methoden von Dynamo Kiev und Trainer Lobanovsky inspirieren, einer der ersten Teams, die so etwas wie modernes Pressing spielten. Dieses System entwickelte Rangnick weiter und implementierte es bei all seinen Stationen, wodurch er auch mit bescheidenen finanziellen Mitteln erfolgreichen Fußball spielen ließ. Somit ist Rangnick quasi der Vater der modernen deutschen Taktikschule, auf dessen Grundlagen auch die Systeme von Trainern wie Tuchel, Nagelsmann oder Klopp aufbauen. Neben seiner taktischen Expertise ist Rangnick desweiteren auch ein exzellenter Spielerkenner und -scout, der in Sachen Transfers schon oft gute Instinkte bewiesen hat, indem er u.a. zuletzt bei Leipzig Spieler wie Keita, Kimmich, Forsberg oder Werner verpflichtet und weiterentwickelt hat. Besonders in Anbetracht seiner Zeit bei Leipzig und Hoffenheim ist eben die Kaderplanung seine größte Stärke, da er bei beiden Teams ein nachhaltiges Gerüst hingestellt hat, womit man nach kurzer Zeit im oberen Bereich der Bundesliga mitspielen und sich dort langfristig festsetzen konnte.

Und gerade deshalb ist Ralf Rangnick jetzt gerade der richtige Interimscoach für Manchester United. Ole Gunnar Solskjaer konnte zwar nach dem Abgang Mourinhos kurzzeitig wieder etwas Aufbruchstimmung erzeugen und mit Platz 3 und 2 in der Liga ergebnistechnisch etwas Konstanz erreichen, doch am grundsätzlichen Chaos im Club konnte der Norweger nichts ändern, was die letzten desolaten Wochen wieder unter Beweis gestellt haben. Dadurch hat Rangnick bis zum Saisonende zwei wichtige Aufgaben zu erfüllen. Zum einen muss der erste deutsche Trainer in der Geschichte des Vereins eine Spielphilosophie und -idee oder zumindest ein modernes taktisches Konzept entwickeln, diese den Spielern einhauchen und von ihnen in jedem Training und jedem Spiel einfordern. Dabei sollte er auf mögliche Hierarchien keine Rücksicht nehmen und nicht davor zurückschrecken den ein oder anderen Star auf die Bank zu setzen. Ferner sollte er versuchen den Kader soweit es geht zu erweitern und neu zusammenzustellen, was allerdings mit nur einem Transferfenster ein schwieriges Unterfangen wird. Angesichts der vielen überalterten Spieler und der mangelnden Qualität auf manch Position die vielleicht dringlichste Aufgabe!

Sollten diese zwei Punkte gelingen, könnte am Ende der Saison noch Platz 4 herausspringen, wichtiger ist aber vielmehr, dass ein Fundament gelegt wird, worauf der neue Trainer in der folgenden Saison aufbauen kann, um auch in Zukunft wieder ganz oben mitspielen zu können, egal ob das letztendlich ein ten Hag, Pochettino oder Rodgers ist.

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