August 25, 2025

FC Amorim statt Manchester United?

Beim gestrigen 1:1 im Craven Cottage gab es kurz vor Schluss eine bezeichnende Szene:
Amorim gestikulierte wild in Richtung seiner Spieler, die auf dem Spielfeld gerade dabei waren, Struktur und Spielkontrolle zu verlieren. Im selben Schnappschuss war auch United-Toptalent Kobbie Mainoo zu sehen, der sichtlich angefressen auf der Bank saß.

Dies war bereits das zweite Spiel in Folge, in dem Mainoo die Partie über 90 Minuten von der Bank aus verfolgen musste – und das, obwohl man in beiden Begegnungen durchaus wichtige Impulse im offensiven Mittelfeld hätte gebrauchen können.

Einen 20-Jährigen für zwei Spiele draußen zu lassen, ist sicher verkraftbar, auch wenn er das Talent eines Mainoo besitzt. Doch diese Personalie verdeutlicht ein größeres Problem in Amorims Amtszeit.

Denn auch Amad Diallo, in der vergangenen Saison mit acht Ligatoren zusammen mit Bruno Fernandes bester Torschütze, wurde nach nur 52 Minuten durch Dalot ersetzt – nachdem er bereits im Auftaktspiel gegen Arsenal erst spät eingewechselt wurde. 

Gestern spielte Amad wieder als Rechtsaußen, wodurch der 23-Jährige entgegen seinem Naturell mehr mit Defensivarbeit beschäftigt war und so nur bei einer Szene nach Cunhas Pfostenschuss im gegnerischen Strafraum auftauchte.

Bruno Fernandes selbst durfte wie gewohnt 90 Minuten ran, erwischte aber im zentralen Mittelfeld einen gebrauchten Tag, der durch seinen Elfmeterfehlschuss gekrönt wurde.

Dies sind nur drei Beispiele von Spielern, die in Amorims 3-4-2-1-System bislang nicht zurechtkommen oder zumindest nicht glänzen können.

Amorim hat mehrfach deutlich gemacht, dass er an seinem 3-4-2-1 festhalten wird – ungeachtet aller Stimmen von außen, die ihn zu einem Systemwechsel drängen.

Das ist zweifellos mutig und bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Dennoch bleibt nach nur 28 Punkten aus 29 Ligaspielen unter dem Portugiesen die Frage, ob dieses System tatsächlich zu unserem Spielermaterial passt.

Rashford, Garnacho, Sancho, Antony und Højlund wurden bereits ausgemustert, teils aus disziplinarischen Gründen. Nun scheint es jedoch, als würden auch Spieler wie Amad, Mainoo und sogar Kapitän Bruno Fernandes im neuen System keinen Platz finden.

Nach neun Monaten im Amt wirkt das 3-4-2-1 für unsere Spieler – egal ob Neuzugang oder Vereinsurgestein – eher hemmend als förderlich.

Zwar steht man defensiv deutlich stabiler als noch unter Erik ten Hag, was sich auch in guten Ergebnissen gegen die Top-6-Teams widerspiegelt. Gegen Mannschaften aus dem Tabellenmittelfeld und dem unteren Drittel tut man sich jedoch sichtlich schwer, Chancen zu kreieren und Druck zu entfachen. Matheus Cunha hatte gestern zwar zu Beginn drei gute Gelegenheiten, doch als Fulham sich geordnet hatte, war der Brasilianer größtenteils abgemeldet.

Mbeumo und der eingewechselte Šeško erging es noch schlechter: Beide gaben keinen einzigen Torschuss ab, während Šeško kaum Ballkontakte verzeichnen konnte.

Der letzte Trainer, der konsequent auf ein 3-4-3 setzte, war Louis van Gaal in seiner ersten Spielzeit 2014/15. Nach einem durchwachsenen Ligastart und einem desaströsen 0:4 im Ligapokal gegen die MK Dons änderte van Gaal sein System auf ein 4-2-3-1 – was immerhin mit Platz 4 in der Endabrechnung endete.

Amorim würde ein Abrücken vom 3-4-2-1 vermutlich als persönliche Niederlage oder als Bruch mit seinen Prinzipien empfinden. Die Frage ist jedoch: Wäre das wirklich so schlimm?

Wenn Amorim in die Riege der Toptrainer aufsteigen möchte, muss er beweisen, dass er verschiedene Spielsysteme beherrscht und mit unterschiedlichen Spielertypen arbeiten kann.

Auch wenn man im modernen Fußballjargon gerne von einem „Prozess“ spricht, dem man blind vertrauen soll, ist der Profifußball doch ein brutaler Ergebnissport, der wenig Zeit für Entwicklungen lässt – erst recht nicht in der Premier League.

Amorim wäre also gut beraten, seine Mannschaft so einzustellen, dass sie ihre Stärken maximal ausspielen kann, statt kompromisslos an seinem System festzuhalten.

Bisher haben die Fans den Portugiesen unterstützt und gestern im Stadion sogar seinen Namen gesungen – erstaunlich, wenn man die jüngste Punkteausbeute betrachtet.

Sollten jedoch Siege und spielerische Fortschritte ausbleiben, könnte sich diese Treue sehr schnell in Unbehagen verwandeln.

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