
23. Januar 2021
Von Adam Englert
Manchester United vs. Liverpool – Drei große FA Cup Siege gegen den Erzrivalen (Teil III)
Teil III
FA Cup 4. Runde 1999: Manchester United 2 Liverpool 1 (Yorke 88’, Solskjaer 90+1’, Owen 3’)
Ausgangslage
Jeder United-Fan eines gewissen Semesters erinnert sich nur allzu gut an das Champions League Finale 1999. Der FC Bayern ging früh in Führung, verpasste es die Führung auszubauen, ehe in der Nachspielzeit erst Sheringham den Ausgleich markierte und schließlich ein gewisser Ole Gunnar Solskjaer den Henkelpott nach Manchester holte. United beendete die Saison 98/99 als erstes und bisher einziges englisches Team als Triple-Sieger, eine Saison für die Ewigkeit, in der sich Ferguson und sein Team unsterblich machten. Was wenige wissen: Dieser Traum wäre im Januar fast ausgeträumt gewesen, als der FC Liverpool in der vierten Runde des FA Cups zu Gast war.
United lieferte sich zu diesem Zeitpunkt einen verbitterten Zweikampf mit Arsenal um die Meisterschaft und stand gegen ein favorisiertes Inter Mailand im Viertelfinale der Königsklasse, tanzte also weiter auf drei Hochzeiten, auch wenn damals wohl keiner so wirklich an das Triple gedacht haben wird. Liverpool hingegen erlebte, ähnlich wie United in den 70ern, eine furchtbare Dekade, blieb bis auf den FA Cup Sieg 1992 ohne Titel und spielte im Kampf um die Meisterschaft Jahr für Jahr kaum eine Rolle. Ende Januar hatten die Reds jedoch die einmalige Gelegenheit United im eigenen Stadion aus dem FA Cup zu werfen und Uniteds minimale Chance auf das Triple endgültig im Keim zu Ersticken. So kam es dann auch, als kurz vor Ende der regulären Spielzeit Liverpool tatsächlich schmeichelhaft mit 1:0 führte und United Minuten vor dem Aus entfernt war. Glücklicherweise hatte Ferguson in dieser Spielzeit, wie fünf Monate später in der magischen Nacht von Barcelona, das Schicksal auf seiner Seite…und einen Super-Sub auf der Bank.
Spiel
Spoiler vorweg: die Parallelen zum Champions League Finale 1999 sind unverkennbar, denn nach nur drei Minuten schockte Toptalent Michael Owen das Old Trafford, als er die Reds in mit der ersten Möglichkeit des Spiels in Führung köpfte. United ließ sich nicht beirren, versuchte danach sofort zum Ausgleich zu kommen, startete Welle an Welle von Angriffen und schnürte Liverpool mit dem typischen Powerplay in die eigene Hälfte ein. Keane köpfte nach Flanke von Yorke an den Innenpfosten, doch ausgerechnet Ex-United-Spieler Ince klärte den Abpraller von der Linie. Trotz aller Bemühungen Uniteds blieb es bei der knappen Führung Liverpools zur Pause. Nach dem Seitenwechsel gab es dann ausschließlich dasselbe Bild. United griff mit teils wütenden Angriffen unerbittlich an, scheiterte aber am eigenen Unvermögen und der Liverpooler Abwehr. Keanes Fernschuss landete abgefälscht nur Millimeter neben dem Tor des gestrandeten David James, wenig später traf der irische Kapitän aus kurzer Distanz erneut nur Aluminium, während Carragher Giggs Nachschuss in letzter Sekunde klärte. Vielleicht sollte es einfach nicht sein.
Zehn Minuten vor dem Ende brachte Ferguson seinen einzigen verbliebenen Stürmer, Solskjaer, von der Bank, doch die Minuten verstrichen erbarmungslos und das Tor wollte nicht fallen. Zwei Minuten vor Ende gab es dann nochmal Freistoß: Beckham (wer denn sonst?) flankte gefühlvoll in den Sechzehner, wo Cole per Kopf in den Fünfer verlängerte und seinen kongenialen Partner Yorke fand, der zur kollektiven Erleichterung die Kugel über die Linie drückte und das Old Trafford zum beben brachte.

Die müden Liverpooler sehnten Schlusspfiff und Wiederholungsspiel herbei, doch es war noch Zeit auf der Uhr… und United hatte Blut geleckt. In der angebrochenen Nachspielzeit löffelte Stam den Ball eher hoffnungsvoll an den Sechzehner, Scholes kam zuerst an den Ball, überließ aber für den besser positionierten Solskjaer. Der “Baby Faced Assassin” ließ sich nicht zweimal bitten und hämmerte die Pille nach sauberer Ballannahme flach ins Tor. Liverpool war geschlagen, die United-Spieler in Extase, das Theater der Träume im siebten Himmel. United hatte ausgerechnet gegen den Rivalen ein sicher verlorenes Spiel gedreht. “Football, bloody hell”.

Vier Monate später sollte United den Fußballolymp erklimmen, doch ohne das Last-Minute-Weiterkommen gegen Liverpool wäre es möglicherweise nie so weit gekommen. Es sind nur Spekulationen, aber vielleicht war es genau dieser Moment in dem United an das Triple glaubte, vielleicht auch der Moment in dem das Team lernte niemals aufzugeben und bis zum Schlusspfiff zu kämpfen, egal wie aussichtslos die Lage erscheint. Eine Tugend, die United damals unter Ferguson verkörperte und hoffentlich auch in Zukunft tief in der DNA des Vereins verwurzelt sein wird.